Hörverlust

Das Hören ist wie ein Fingerabdruck: Von Mensch zu Mensch unterschiedlich. Deswegen ist auch ein Hörverlust immer ganz individuell. Unterschiedliche Frequenzen gehen in unterschiedlicher Stärke verloren. Häufig fällt es als erstes der Familie oder den Freunden auf: Ein Hörverlust entwickelt sich meistens langsam, schränkt aber schnell das Verstehen ein. Deswegen raten Experten zu regelmäßigen Hörtests, einmal im Jahr, auch in jungem Alter.

Meistens sind es zuerst die hohen Töne, die verloren gehen. Nicht selten beschreiben Hörgeminderte das Phänomen, dass sie eigentlich noch gut hören, aber es mit dem Verstehen nicht mehr so klappt. Denn Hören heißt nicht gleich verstehen. Wenn auch „nur“ einzelne Bereiche fehlen, einzelne Frequenzen, erschwert das bereits das Hörverstehen. Oft kann man Gesprächen nicht mehr folgen. Schon gar nicht, wenn man in einer Gruppe zusammensitzt oder in einer lauten Umgebung, beispielsweise in der Kneipe oder im Restaurant. Denn fehlen nur einzelne Bereiche, werden Wörter schon nicht mehr komplett verstanden und das Gehirn muss interpretieren. War es Eis oder Ei? Fisch oder Tisch? Mit den ersten Frequenzen gehen bereits bestimmte Laute und Buchstaben verloren. Das erklärt die sogenannte Sprachbanane auf der Grafik rechts.

Sie kategorisiert die menschliche Sprache in einem Diagramm, dem sogenannten Audiogramm. Die Buchstaben des Alphabets werden nach Lautstärke und Tonhöhe oder -tiefe sortiert; beispielsweise liegen Konsonanten wie „T“ und „H“ im Bereich der hohen und leisen Töne, während sich ein Vokal wie „U“ bei der Lautstärke und der Tontiefe im mittleren Bereich wiederfindet. Betrachtet man nun die Form, in der die Buchstaben im Audiogramm angeordnet sind, zeigt sich: das (Hör)Bild ähnelt einer Banane. Die Sprachbanane ist für Hörakustiker grundlegendes Wissen, das sie benötigen, um das Hörvermögen ihrer Kunden beurteilen zu können. 

Die Grafik zeigt, welche Lautstärke (leise bis laut) und Töne bzw. Frequenzen (tief bis hoch) das gesunde Gehör wahrnimmt. Das graublaue Feld zeigt die Verteilung der Vokale und Konsonanten in der Sprache.

Jemand, der gut hört, kann die in der Sprachbanane dargestellten Buchstaben alle ohne Schwierigkeiten verstehen, ganz gleich, wie laut die Umgebungsgeräusche sind: am Telefon, beim Fernsehen, im Café, im Konzert, auf der Straße, im Restaurant oder am Bahnhof, wo die Akustik meist sehr schlecht ist. Menschen mit Hörminderungen hingegen können je nach Grad der Minderung nicht mehr alle Buchstaben wahrnehmen. Sie hören einen Teil der Sprache nur noch verzerrt, manchmal kaum bis gar nicht mehr. Das Gehirn, wo das eigentiche Verstehen stattfindet, muss ergänzen und leistet so doppelte Arbeit.


Warum ein Hörverlust frühzeitig versorgt werden sollte

Ein Problem, zwei Ursachen: Schlecht hören ist nicht nur eine Frage der Lautstärke. Zusätzlich kann der Mensch schon bei leichten Hörminderungen zunehmend einzelne Sprachlaute nicht mehr hören. Fehlen nur geringe Anteile im Bereich der hohen Frequenzen, so werden aus dem Wort „E-i-s“ nur noch die Laute „E-i“ herausgehört. Der Verlust der Information wird dann im Kopf je nach Kontext ergänzt: Aus den Lauten „..-o-s-e“ wird je nach Situation „R-o-s-e“ oder „D-o-s-e“.

Je länger der Mensch nicht mehr gut hört, desto mehr verlernt er, die fehlenden Sprachlaute zu erkennen und zu ergänzen. In der Folge nimmt sein Hörverstehen mehr und mehr ab. Zu Beginn einer Hörminderung sindes meistens „nur“ die Konsonanten, bald aber auch Vokale. Gelingt es dem Gehirn nicht mehr, die „unvollständigen“ Worte zu ergänzen, sind beispielsweise Gespräche fast nicht mehr möglich und wenn, sehr anstrengend. Der Betroffene gerät an seine Grenzen und reagiert oft mit Rückzug aus dem sozialen Leben.

Ein Hörverlust kann in jedem Alter auftreten. Der Hörakustiker hilft,  mit Tests die Ausprägung der Hörminderung festzustellen. Ist ein Hörsystem notwendig, sucht er gemeinsam mit dem Betroffenen das richtige aus und passt es an die persönlichen Wünsche und Bedürfnisse an.  Anhand der Sprachbanane sieht er, welche Töne von dem Hörverlust betroffen sind. Der Hörakustiker kann ganz gezielt das individuell beste Hörsystem empfehlen und anpassen.


Unterschiedliche Arten und Ursachen eines Hörverlustes

Probleme mit den Ohren haben verschiedene Ursachen, manchmal ist einfach der Gehörgang durch den selbst produzierten, übrigens antibakteriellen Ohrenschmalz verstopft. Sand und anderer Dreck gelangt auch gerne mal hinein. Das alles kann der Experte entfernen. Liegt die Schwerhörigkeit nicht daran, testet er weiter. Durch Krankheiten können Trommelfell und Gehörknöchelchen in ihrer Funktion eingeschränkt sein. Eine Mittelohrentzündung, ein Hörsturz, allmähliche Abnutzungserscheinungen, also das Alter, oder Spätfolgen von zu viel Lärm in der Vergangenheit, können ebenfalls Ursache sein. Durch Lärm, ob über einen langen Zeitraum oder durch ein eimaliges Erlebnis, ein Trauma, können die Haarsinneszellen umknicken und sterben in der Folge ab. In selteneren Fällen ist der Hörnerv betroffen und für die Schwerhörigkeit verantwortlich. Das alles finden die Experten heraus.

So unterschiedlich wie die Ursachen sind auch die Folgen. Manche Betroffene hören die hohen Töne nicht mehr, bei anderen gehen die tiefen Töne verloren. Die Sprachbanane zeigt, welche Buchstaben einem damit verloren gehen. Die Folge: Man versteht den Gesprächspartner nicht mehr gut und noch weniger, wenn mehrere Menschen gleichzeitig sprechen oder die Hintergrundgeräusche laut sind.

Auch die Lautstärke wird individuell wahrgenommen. Bei einem Hörverlust scheinen auf einmal alle Geräusche und Gespräche sehr viel leiser oder sogar zu leise, bis auf die Töne, die in dem Frequenzbereich liegen, den man noch gut hört. Diese Töne können dann, wenn man das Gegenüber bittet, lauter zu sprechen, sogar unangenehm laut werden. Das Hörempfinden ist also immer subjektiv. Deswegen muss ein Hörverlust auch immer individuell ausgeglichen werden.

Leitet das Ohr Geräusche nicht mehr problemlos in das Innenohr weiter, spricht man von einer Schallleitungs-Schwerhörigkeit. Anders ist es, wenn die Haarsinneszellen im Innenohr beschädigt sind. Das nennt sich sensorineurale Schwerhörigkeit. Altersschwerhörigkeit (auch: Presbyakusis) etwa gehört in diese zweite Gruppe. Hat das Ohr Probleme sowohl mit der Weiterleitung der Geräusche als auch mit den Haarsinneszellen, leidet man unter einer kombinierten Schwerhörigkeit.

Schwerhörig sein bedeutet mit unterschiedlich starken Beeinträchtigen zurechtkommen müssen. Hat man zum Beispiel Probleme, Gesprächen in Gruppen zu folgen, nimmt das Ohr vermutlich die leisesten Töne nicht mehr wahr, die zwischen 25 und 40 dB liegen. 40 dB entsprechen dem Geräusch von Nieselregen. Der Betroffene ist leicht schwerhörig.

Hat man auch ohne ein störendes Umfeld Schwierigkeiten, andere zu verstehen, handelt es sich um eine mittelstarke Schwerhörigkeit. Das Ohr nimmt Töne bis zu 70 dB nicht mehr auf. 70 dB entspricht alltäglichen Hörsituationen wie der Büroalltag mit Stimmengemurmel, Computer- und Druckergeräuschen, oder dem Bewegen im Straßenverkehr.

Kann das Ohr erst Töne über 95 dB verarbeiten, ist man sehr stark schwerhörig. 95 dB entsprechen der Lautstärke einer Holzfräsmaschine. Dann ist ein Hörsystem unbedingt notwendig, um sich mit anderen verständigen zu können ohne dem Gesprächspartner von den Lippen zu lesen oder Gesten zu deuten.

Bereits bei den ersten Anzeichen, also leichter Schwerhörigkeit, sollte man einen Hörtest machen und sich beraten lassen. Je frühzeitiger ein Hörverlust ausgeglichen wird, desto besser. Denn wer lange nicht gut hört, verlernt es, das Gehörte zu verstehen. Dieses Hörverstehen muss dann mit dem Hörsystem erst langsam wieder erlernt werden. Beispielsweise wird das Vogelgezwitscher nicht mehr als solches erkannt, sondern nur als Geräusch wahrgenommen. Das Erkennen und das Verstehen müssen erst wieder erlernt werden.


Folgen eines Hörverlustes

Wer schlecht hört, verliert Lebensqualität. Dabei reagiert jeder anders: Viele Menschen, die nicht mehr gut hören, berichten von sozialen, psychischen oder auch körperlichen Problemen. Schwerhörigkeit grenzt aus, weil man die anderen nicht mehr gut oder gar nicht mehr versteht. Man ist verlegen, unsicher. Einige reagieren wiederum gereizt, weil sie das Gefühl haben, die anderen reden absichtlich leise oder undeutlich. Der Körper reagiert ebenfalls auf Schwerhörigkeit – mit Kopfschmerzen, Muskelschmerzen, Stress oder erhöhtem Blutdruck. Denn mit einer Hörminderung wird das Hören extrem anstrengend und stresst, den kompletten Tag lang, immer. Wer nicht mehr gut hört und nichts dagegen unternimmt, büßt entsprechend seiner Schwerhörigkeit ein Stück Lebensqualität ein. Ein guter Grund, bei den ersten Anzeichen aufmerksam zu werden und das Gehör zu testen. Krankheiten können geheilt werden. Die irreversiblen Verluste der Haarsinneszellen gleichen Hörakustiker mit Hörsystemen aus. Und selbst wenn der Hörnerv beschädigt ist, gibt es Hilfe mit den sogenannten Cochlea Implantaten. Hörakustiker helfen dabei festzustellen, wie gut die Ohren funktionieren und bei der Suche nach der individuell besten Lösung, wenn das Hörvermögen nachlässt.